Hallo zusammen,
ich wurde nach Informationen zu meinem 78er-Umbau gefragt und möchte dieses etwas näher erläutern.
Grundsätzlich sind zunächst zwei Dinge zu klären:
1.) Welche 78er steht zum Umbau zur Verfügung?
2.) Welche Eigenschaften soll die umgebaute 78 haben?
zu 1.)
Märklin hat im Laufe der Jahre die 78 fortlaufend verändert / verbessert und zum Jahreswechsel 2018/2019 durch ein vollig neues Modell ersetzt. Letztere ist nicht Gegenstand dieser Beschreibung.
Beginnend in 1980 lieferte Märklin die Lok mit einem an H0-Bauarten erinnernden Allstrom-Antrieb über Stirnradgetriebe aus.
Diese Loks wechseln typischerweise um 300€ den Besitzer
Dieser Antrieb wurde dann später durch einen Gleichstrommotor ersetzt, welcher über ein Schneckengetriebe wesentlich leiser die Lok antreibt.
Später kam noch ein Lautsprecher hinzu, welcher im Führerhausboden montiert nach unten abstrahlt.
Die Loks wurden auch in Startpackungen angeboten und werden häufig bei eBay um 500-600€ angeboten
Die in späteren Ausführungen verbauten Decoder können leider nur Märklin-Motorola und Mfx. Die Schnittstelle ist aber ESU-kompatibel.
Alle beschriebenen 78er hatten (Seuthe-)Dampfentwickler ohne "Dynamic Steam".
In meiner 78 355 arbeitet immer noch der Dampfentwickler von 1980 ...
zu 2.)
Wofür will ich meine 78er nutzen?
I)Wenn eine sehr alte Lok mit Stirnradgetriebe zur Verfügung steht:
Ia) Soll sie nur (mit dem Originalantrieb) unter DCC fahren können? Da macht Sound wirklich keinen Sinn!
Ib) Soll sie mit einem neuen Antrieb fahren können?
Ic) Soll sie mit einem neuen Antrieb fahren können und Sound haben?
Id) Soll sie mit einem neuen Antrieb fahren können und Sound und "Dynamic Smoke" haben?
Ie) Soll sie Fahr-, Dampf und Soundeigenschaften vergleichbar einer aktuellen Lokkonstruktion besitzen?
II) Wenn eine Lok mit Gleichstrommotor und Schneckengetriebe zur Verfügung steht:
IIa) Soll sie nur (mit dem Originalantrieb) unter DCC fahren können?
IIb) Soll sie Soundeigenschaften vergleichbar einer aktuellen Lokkonstruktion besitzen?
IIc) Soll sie Dampf- und Soundeigenschaften vergleichbar einer aktuellen Lokkonstruktion besitzen?
Diese Fragen habe ich mir bei meinen beiden alten 78ern auch stellen müssen.
Die Startpackungslok mit Lautsprecher habe ich nur mit einem anderen Decoder ausgerüstet, dazu später mehr (IIb).
Bei der ganz alten 78 habe ich den Antrieb ausgetauscht, einen Decoder und einen Lautsprecher eingebaut(Ic)
Man kann mehr machen, muss aber für sich selbst entscheiden, was es einem wert ist.
Im folgenden versuche ich ein paar Antworten zu geben:
I)Wenn eine sehr alte Lok mit Stirnradgetriebe zur Verfügung steht:
a) In diesem Fall kann man zunächst einen einfachen H0-Decoder (z.B.LenzStandard) zum Ansteuern des alten Antriebes nutzen. Es müssen dann nur zwei antiparallel eingebaute Dioden an die Anschlüsse des Motors an den Wicklungen angelötet und mit dem orangefarbenen Kabel des Decoders verbunden werden.
Das graue Kabel des Decoder wird mit dem 3. Motoranschluss verbunden.
Wenn man auch noch das Licht schalten will, muss man an der Rücklichtplatine zunächst alle Anschlüsse entfernen und einen Anschluss an das blaue Kabel des Decoders und einen zweiten Anschluss an das gelbe Kabel des Decoders legen. Wichtig ist, dass die Anschlüsse der Beleuchtungsplatine keinen Anschluss an die Fahrzeugmasse haben.
Beim Licht an der Vorderseite ist es etwas komplizierter. Ich habe die ursprünglichen Lampen ausgebaut und kleine Drahtlampen an deren Position gesetzt.
Auch hier geht ein Pol an das blaue Kabel des Decoders und der andere Anschluss ans weiße Kabel. (Siehe Abbildung). In meinem Fall ist aber das Kabel orange statt weiß... Hatte kein weißes Kabel mehr.
Unbedingt darauf achten, dass die Lampen massefrei sind, also keinen Anschluss ans Lokgehäuse haben!
Der Decoder selbst bezieht seine Spannung über das rote und das schwarze Kabel.
Achtung, die Radsätze sind nur einseitig isoliert! Die Lokmasse hat das Potential einer Lokseite.
Ich habe deshalb zur Abnahme der Gleisspannung einmal den Kontakt am Gestänge (siehe Bild) genutzt und zum Zweiten das Kabel, welches von unten durch das Fahrgestell zum Motor führt(e). Unbedingt prüfen, ob diese beiden Kontaktpunkte auch die Gleisspannung liefern.
Wenn der Decoder provisorisch angeschlossen ist, sollte die Lok fahren und das Licht schalten.
Bis jetzt habe wir weniger als 20€ investiert und die Lok fährt lautstark unter DCC.
b)Spätestens jetzt kommt der Wunsch nach einem neuen Antrieb auf.
Hier kann man auf einen Antrieb der Firma SB zurück greifen,
https://www.sb-modellbau.com/details/Spu…rom-Motor-51001
der aber mit ca. 300€ zu Buche schlägt und umfangreiche Änderungen am Fahrwerk erfordert.
Alternativ besorgt man sich einen günstigen hochdrehenden Motor z.B. Johnson 65890, welchen es für 0,90€ bei Pollin gibt und ein passendes Ritzel (RBS0618, RBS0619, RBS0620 oder RBS0624) bei Lemo-Solar für 2,90€.
Das Ritzel sitzt sehr stramm auf der Welle, eventuell etwas aufreiben. Bei der Beschaffung unbedingt darauf achten, dass Ritzel und Motor den gleichen Wellendurchmesser haben...
Der alte Märklin-Motor ist nur mit zwei Schrauben befestigt und schnell entfernt. Den neuen Motor baut man quer zur Fahrrichtung ein, nachdem man das Ritzel aufgepresst hat. Der Anschluss des Motors erfolgt mit dem grauen und dem orangefarbenem Kabel. Siehe Abbildung.
Ich habe den Motor eingeklebt, weil man dann beim Aushärten des Klebers die Gelegenheit hat, den Motor nahezu reibungsfrei einzubauen. Man kann einfach die Lok schieben und während des Aushärtens prüfen, ob alles klemmfrei läuft.
Nun wird getestet, wie die Lok mit dem neuen Motor läuft.
c)Wenn wie erhofft die Fahrgeräusche deutlich reduziert sind, kommt der Wunsch nach einem Sound-Decoder auf.
Bis jetzt hatte ich noch den Lenz-Standard-Decoder genutzt.
Ich habe dann eine Decoderschnittstelle für ESU-Decoder aus einer Lochrasterplatine und Pfostensteckern (beides Pollin) gebaut und die Anschlüsse für Gleisspannung, Motor, Licht, Lautsprecher und Rauchentwickler an diese Decoderschnittstelle geführt. Wichtig ist, dass die Kontakte der Schnittstelle keinen Kontakt mit dem Lokfahrwerk haben.
Seinerzeit habe ich die Schnittstelle zwischen die Wasserkästen gesetzt, was kleinere Schnitzarbeiten am Lokgehäuse erfordert.
Heutzutage würde ich die Schnittstelle weiter nach hinten legen, um mir das Schnitzen zu ersparen.
Als Lautsprecher habe ich einen Visaton FR7 mit 8 Ohm (wegen dem 3.5-Decoder) verwendet. Dafür habe ich mit einem Lochsägen-Bohrvorsatz ein kreisrundes Loch in den Führerhausboden gesägt (Siehe Abbildung).
Der Lautsprecher erhält eine Schallkapsel in Form eines Spraydosendeckels. Das Lokpersonal wird an die Seiten des Deckels geklebt, nachdem dieser zuvor mattschwarz lackiert wurde.
Der Decoder ist ein alter (vorhandenen) ESU 3.5-Decoder. Heutzutage kommt man ja kaum umhin, einen neuen ESU 5.0 zu kaufen da die DCC-fähigen 3.5er und 4.0er kaum noch zu erwerben sind.
Die Anschlussplatine für den Rauchentwickler habe ich so umgestaltet, dass er sich wie zuvor nach Ausstöpseln der kleinen Stecker trennen läßt. Damit bleibt das Gehäuse abnehmbar, sofern auch die Lautsprecherkabel trennbar/ausreichend lang sind.
Ich habe keinen Taktgeber für die Dampfschläge eingebaut sondern die Softwarelösung genutzt.Wenn man sich an die Vorgaben in der Anleitung des ESU-Decoders hält, ist der Decoder schnell eingestellt.
In der Abbildung sind die Position von Motor und Decodeplatine leicht zu erkennen.
d)Einen Dampfentwickler für Dynamic Smoke habe ich noch nicht eingebaut, da der alte Seute kräftig qualmt und der Einbau des ESU-Dampfentwicklers vermutlich auch noch einen neueren Decoder verlangen würde.
e)entspricht nicht meinen Bedürfnissen. Die Kosten für den Umbau nähern sich dann auch schnell den Kosten für eine gebrauchte 78 mit modernen Technik. (Decoder: 200€, Dampfentwickler 70€, Getriebeumbau 300€
Abschließend wird noch Lokpersonal eingesetzt und die Radreifen und Radsterne werden rot lackiert.
II) Wenn eine Lok mit Gleichstrommotor und Schneckengetriebe zur Verfügung steht:
Nach Ersetzung des Märklin-Decolder such einen ESU-Decoder fährt die Lok schon sehr gut. Will man Dynamik Steam, ist der Aufwand deutlich höher.
Der Einbau eines ggf. noch nicht vorhandenen Lautsprechers erfolgt wie oben beschrieben im Führerhausboden.
Wenn man den Sound softwaremäßig einstellt und einen 4 Ohm-Lautsprecher verbaut, ist das Ergebnis aus meiner Sicht schon recht gut.
Es bleibt ja immer noch die Möglichkeit, für ca. 2000€ ein Modell der neuen Generation zu erwerben.
Viele Grüße
Klaus