Hallo Modellbaufreunde,
es ist eine von Kiss nicht verheimlichte Tatsache, dass die seit Jahren auf den Messen gezeigten Handmuster umlackierte Wilgro-Kühlwagen waren. So etwas passiert in unserer Branche andauernd (z.B. Mattel/Burrago oder 2005 Kibri/Weinert) und wird meist als praktisch normal angesehen. Uns Allen, auch mir, haben die Wagen so wie sie dastanden gefallen. Ich habe sogar selbst einen Wilgro-Kühlwagen in der Vitrine stehen.
Der Grund ist sicher darin zu finden, dass man öfter Modelle von Güterwagen sieht als deren Vorbilder.
Da die Proportionen der Modelle dieses Types in allen Baugrössen von der Modellbahnindustrie oft schauderlich schlecht wiedergegeben wurden, ist auch mir nicht aufgefallen, dass das Vorbild extrem schmal gebaut war. Denn üblicherweise fallen Kühlfahrzeuge aller Art wegen dem Platzbedarf der Isolation besonders breit aus.
Die Wagenkastenbreite von Güterwagen taucht leider in den einigermassen zugänglichen Unterlagen (z.B. DV 939 F Merkbuch für die Schienenfahrzeuge der DB Güterwagen) selten auf.
Es sind nur die Innenbreite und die Aussenbreite über Alles ausgenommen Signalstützen und Griffstangen angegeben. Es hätte eben auffallen müssen, dass die Trittstufen unter den Türen weit überstehen und damit der Wagenkasten ungewöhnlich schmal ist.
Wilgro hat das vor weit über 20 Jahren nicht gemerkt. Das kann man unter der damals gegebenen Quellenlage und den Ansprüchen des damaligen Marktes verstehen.
Für das DB-Jubiläum wurde ein Vorbildwaggon restauriert.
1989 ist dann der Band 2 Güterwagen Gedeckte Wagen - Sonderbauarten von Stefan Carstens und Hans Ulrich Diener erschienen. Dort findet sich die - wie wir inzwischen wissen - korrekte Wagenkastenbreite von 2873 mm bei einer Breite über die Trittstufen von 3084 mm. Die hölzernen Kühlwagen Tnf 32 und Ths 42 waren 3049 mm breit, der mit dem Dresden verwandte Tnfs38 dagegen 2800 mm bei einer Stufenbreite von 3050 mm.
Es stellt sich immer wieder heraus, mit wieviel Engagement und Sachkunde diese vier Güterwagenbücher geschrieben sind. Bis jetzt hat sich dort jedes Detail, das mir zuerst als hinterfragungswürdig aufgefallen ist, als richtig herausgestellt. Wenn das nur bei historischen Standartwerken in anderen Technikgebieten nur auch so wäre! Gerade im Bereich der Strassenfahrzeuge stösst man immer wieder auf Fehler.
Natürlich schreibe ich hier über Vermutungen. Darum habe ich sie bisher nur in privatem Kreis geäussert.
Doch es liegt nahe, dass es sich so abgespielt hat. Herr Gross sieht das auch so und stellt seinen damaligen Fehler nicht in Abrede.
Was bleibt ist ein zu breites Modell, das aber sonst die typischen Merkmale des Nachkriegs-Neubauprogramms sehr gut wiedergibt. Dass die Nachfrage nach dem von mir angekündigten Zurüstsatz ganz erfreulich ist, zeigt, dass der Kiss-Wagen trotz des Fehlers ankommt. Denn die Alternativen sind auch nicht gerade toll: Eine weiteres Modell des Kühlwagens ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Das Maxi-Stück taugt nicht einmal als Symbol, geschweige denn als Modell. Das Kunstwerk von Janschek (mit natürlich korrekter Breite) durfte ich bisher in zwei Exemplaren bestaunen, doch zum Kaufen ist ein weiter Weg, selbst wenn Geld keine Rolle spielen würde/sollte, was aber nicht der Fall ist. Ausserdem will ich mehr als einen Kühlwagen. Also werde ich mir einen Dreierset Kiss aufrüsten und die gemeinsam mit dem Wilgro gruppieren. Mit ein oder zwei hölzernen Kühlwagen ist das dann vielleicht schon ein Flügel eines Fischzuges von der Küste.
Viele Grüsse aus dem nach den erfreulich harmlosen Gewittern abgekühlten München
Klaus Holl