Alteingesessenes Modelleisenbahngeschäft mit Tradition schließt für immer seine Tore

  • Die Modelleisenbahnwelt verliert einen weiteren individuellen Fachhändler

    Modelleisenbahngeschäfte werden leider immer weniger. Das ist bekannt!

    Dies ist ein Beispiel vom Kampf vieler stationärer Händler mit der Konkurrenz aus dem Onlinehandel, aber auch für den demografischen Wandel und der Verschiebung von Hobbyinteressen der Generation Y (Millennials), Z und Alpha. Wie wir alle wissen, geht in der Modellbahnbranche seit Jahren der Umsatz zurück und die Zahl der Stammkunden wird altersbedingt immer geringer.

    An für sich nichts neues, aber in diesem Fall habe ich aus meiner "Wuppertaler Zeit" einen persönlichen Bezug und so schaue ich ein wenig wehmütig an die gemeinsamen Stunden zurück, die ich bei Klaus und Astrid Spisla verbracht habe.

    Es sind aber auch traurige Nachrichten für Modelleisenbahner aus der Region.

    Nach 36 Jahren schließen Klaus und Astrid ihr Fachgeschäft "Eisenbahn & Modellbau Klaus Spisla" in Kürten-Bechen.

    Unwiderruflich!

    Die letzten Wochen lief schon der Rabattverkauf "Alles muss raus!"

    Am morgigen Samstag ist letzter Verkaufstag.

    Ein Kapitel, nein, eine Ära geht zu Ende.

    Wie schreibt Klaus Spisla so treffend auf seiner Homepage, ich zitiere:

    "Liebe Kunden,

    nach 36 schönen und erfolgreichen Jahren wird unser Geschäft zum 19 April 2025 geschlossen, und auch wir gehen anschließend in den wohlverdienten Ruhestand.

    1964 bekam ich meine erste Märklin Modelleisenbahn. Die Weichen wurden gestellt: "Den Traum, Lokführer beim Vorbild zu werden, erfüllte sich zwar nicht, aber auf der kleinen eigenen Modellbahnwelt konnten alle Dampf-, Diesel- und E-Lokomotiven von mir gefahren werden.

    1967 wurde aus dem Hobby mein Beruf. Ich lernte Einzelhandelskaufmann bei "Spielwaren Haas", Abteilung "Modelleisenbahnen" in Bergisch Gladbach.

    1989 wurde mir ein Modellbahn-Fachgeschäft angeboten. Als der Besitzer in den Ruhestand ging und sagte, er suche einen Nachmieter, habe ich nicht lange gezögert dieses Geschäft in Bergisch Gladbach zu übernehmen.

    Seit dem 01. Juli 1989 lautet unsere Firmierung: "Eisenbahn & Modellbau Klaus Spisla". Darüber hinaus sind wir von Beginn an Mitglied im Spielwarenverband "Idee und Spiel". Unser Motto bis zum heutigen Tag lautet: "Wo gibt's Modellbahnen 1. Klasse?", was nichts anderes bedeutet, als dass wir nur Neuware verkaufen.

    Schwerpunktmäßig haben wir uns auf das Sortiment Modellbahnen und Zubehör von Spur Z bis zur Großbahn spezialisiert. Reparaturen und Digitalumbauten, ob neu oder alt, werden von uns mit Garantie ausgeführt.

    Als Insider Tipp zu vermerken, führen wir ganzjährig Kunsthandwerk original aus dem Erzgebirge, z.B. Nussknacker, Räuchermännchen, Blumenkinder, Faltenrockengel oder beleuchtete Schwibbögen mit Innenmotiven, z.B. Plauener Spitze.

    Als wir vor 36 Jahren mit der Modelleisenbahn begannen, wusste damals niemand, wohin die Reise einmal führen würde.

    Von der heutigen Digitaltechnik mit Sound, Dampf sowie viele weitere Funktionen und einer Detaillierung hätten wir damals nur träumen können.

    Was wir uns damals auch noch nicht vorstellen konnten, welche massiven Auswirkungen das Internet haben könnte. Wir erleben "Globalisierung", brauchen "Suchmaschinen", um uns überhaupt zurecht zu finden. Wir sehen "Online-Shops", können sie aber nicht wirklich besuchen, erst recht keine Ware in die Hand nehmen und von allen Seiten begutachten.

    Und noch andere unschöne Effekte machen sich bemerkbar: Insolvenzen der Hersteller, auch große Namen wurden nicht verschont. Insolvenzen und Geschäftsaufgaben der Händler rings um uns herum.

    Ist "Geiz ist geil" wirklich alles, was ein Modellbahner-Herz höherschlagen lässt?"

    Zitat Ende.

    Wer möchte, den nehme ich gerne noch mit auf meine kleine persönliche Zeitreise, die ich gemeinsam mit Spislas erlebte:

    Spisla, dieser Namen stand in den vergangenen Jahrzehnten für Modelleisenbahnen, der Name war untrennbar mit diesen Miniaturmodellen verbunden. Natürlich war hier auch die Königsspur vertreten.

    Als er vor neun Jahren das Ladenlokal, welches er 1989 übernommen hatte, wieder verlassen musste, fiel dem Kürtener das Lädchen in Bechen auf. „Eine sehr gute Entscheidung“, meint er rückblickend. Mit seiner Gattin Astrid hatte er immer eine Begleiterin an der Seite, die andere Geschäftsfelder eröffnete. Erzgebirgische Volkkunst (Räuchermänner, Pyramiden, Schwibbogen) und Plüschtiere der Marke Teddy haben mit Erfolg in ihrem Sortiment einen Platz gefunden.

    Und natürlich alles, was für den Modellbau wichtig ist.

    Das Geschäft war allererste Anlaufstelle für alle im Bergischen Land bis weit vor die Tore Kölns hinaus, die ein Herz für die Modelleisenbahnen haben.

    Die Spislas lieben ihren Laden und ihre "großartigen" Kunden sehr. Immer wieder fällt der Satz: „Hat das klassische Modellbahnfachgeschäft noch eine Zukunft?“

    Astrid erzählt mir, „ich habe viele liebenswerte Menschen im Geschäft kennengelernt“. Im Gespräch mit den Kunden müsse sie sich oft zusammenreißen, um keine Tränen zu vergießen. Sie hat eine ansteckend fröhliche Art, auch bei der Beratung.

    Ihr Geschäft sei bis jetzt immer gut gelaufen. „Aber ich kann niemandem heutzutage raten, einen reinen Einzelhandelsladen ohne Onlineshop neu zu eröffnen. Das ist einfach sehr schwer geworden.“ Dann betont sie: „Es reicht nicht, dass Leute sagen: ‚Das ist ein hübscher Laden‘, wenn sie am Ende online kaufen.“

    Gemeint waren damit die Kunden, die sich im Modellbahnfachgeschäft vollumfänglich beraten und die Modelle vorführen lassen, aber dann im Internet bestellen, da es dort billiger/günstiger ist. Wie hieß doch der Werbespruch einer Elektronik-Kette mit dem Namen des zweitgrößten Planeten des Sonnensystems und den charakteristischen Ringen…:/

    Sehr viele Kunden waren über die Nachricht sehr betroffen und sagten nach der Bekanntgabe wie „dein Laden ist doch eine Institution im Bergischen Land.“

    Sie wissen, dass sie ihre Tränen am letzten Tag nicht wird zurückhalten können. „Aber ich freue mich auch auf meinen neuen Lebensabschnitt.“, sagt Klaus Spisla.

    Klaus Spisla bedauert zwar seinen Rückzug, aber mit 72 geht es halt nicht mehr so, wie vor 25 Jahren. Seine Frau Astrid wird bald 67, da darf die Rente kommen. Auch um die beiden Enkel will man sich jetzt mal kümmern. Aus Altersgründen wollen sie nicht mehr weitermachen.

    Leider haben beide keinen Nachfolger fürs Geschäft gefunden, trotz langer Suche, berichtet er mir. Im vergangenen Jahr sei ein Interessent, Mitte 40, abgesprungen. Ihm sei die Geschäftszukunft für die nächsten zwei Jahrzehnte zu heikel erschienen, berichtet Klaus Spisla und schaut bedrückt.

    Zuletzt war Spisla weit und breit der einzige Fachhändler.

    In einer der Schauvitrinen stand bis zuletzt noch der "Adler", des allerersten Zuges, der in Deutschland auf die Schiene kam. Im Dezember 1835 war das, auf der Strecke von Nürnberg nach Fürth. Die nachgebildete Zug ist ein Eyecatcher. Für mich stellte er noch einmal die "Komposition" auf die zwei Meter langen Gleise bei sich im Laden, aber sachte und behutsam. Klaus Spislas Augen strahlen, wenn er sich mit der Lokomotive beschäftigt. Er behandelt den Zug wie rohe Eier. 1985 zum Jubiläumsjahr "150 Jahre Eisenbahnen in Deutschland" hatte die Firma Märklin diesen Zug als Sondermodell auf den Markt gebracht. Die feine Festgesellschaft im offenen Wagen hatte damals wohl viel zu feiern. Ihm ist nicht mehr zum Feiern zumute...

    Für mich war das "Eisenbahn & Modellbau Fachgeschäft Spisla" mit den vielen großen und kleinen Dingen, die das Hobby Modelleisenbahn erst so richtig interessant machen, ein Zufluchtsort und ein Ort zum Träumen. Hier bekam ich die ein oder andere Lok "Live und in Farbe" präsentiert und wusste dabei natürlich die persönliche Beratung und die kleinen Gespräche unter Fachmännern und Fachfrauen zu schätzen.

    Die gemeinsamen Jahre haben uns sehr viel Spaß bereitet und sind schnell wie "im Zuge" vergangen.

    Mir haben die Aufenthalte in der "kleinen Station" viel Spaß gemacht. Ich konnte die dort geweckten Emotionen mit nach Hause nehmen und hier noch lange genießen. Bis zum jetzigen Moment, als ich meinen Adler vor dem geistigen Auge vorbeifahren sehe.

    Am beliebtesten ist Klaus Spisla das Fahrmaterial aus den 1950er und 1960er Jahren, der Epoche III. Da sei es bunt zugegangen auf den Schienen, in Deutschland, Europa und der Welt erzählt er mir mit seiner unnachahmlichen Begeisterung.

    Ganz von der Eisenbahn kann der 72-Jährige auch zukünftig im Ruhestand nicht lassen.

    Bei der Brockenbahn im Harz oder bei der Preßnitztal – Museumsbahn will Klaus Spisla sich einen Traum erfüllen. Er wollte schon immer einmal Lokführer sein. In Dampflokseminaren besteht hierzu Gelegenheit, die harte Arbeit des Lokpersonals hautnah durch theoretisches Wissen und praktische Fähigkeiten zu erlernen. Dann kann dieser Kindheitstraum Wirklichkeit werden. Das sei fest eingeplant, berichtet er mir schon voller Vorfreude seinen Traum am Steuer einer Dampflok wahr werden zu lassen…

    Das spürt man sofort.

    …denn mitfahren war gestern, Lokführer sein ist Morgen!

    Dazu wünsche ich unvergessliche Stunden und ihm und seiner Frau vor allem Gesundheit!

    Dies waren ein paar persönliche Eindrücke von seinem langjährigen Kunden Andreas.

    Eine Randnotiz: Das fast gleichaltrige Peter Kübler (71) von "E + E Modelleisenbahn", Abteilung Spur 1 denkt noch lange nicht an Aufhören, aber das ist eine andere Geschichte, deren Fortsetzung noch hier im Forum erfolgen wird, bei der Modelleisenbahnfachgeschäfte vorgestellt werden sollen, die viel Herzblut und harte Arbeit in ihre Berufung stecken und vielleicht noch nicht allen so geläufig sind...

    P.S.: Dieser Artikel erschien bereits auf meinem anderen Kanal und wurde nun aktualisiert.

  • Bei der Brockenbahn im Harz oder bei der Preßnitztal – Museumsbahn will Klaus Spisla sich einen Traum erfüllen. Er wollte schon immer einmal Lokführer sein. In Dampflokseminaren besteht hierzu Gelegenheit, die harte Arbeit des Lokpersonals hautnah durch theoretisches Wissen und praktische Fähigkeiten zu erlernen. Dann kann dieser Kindheitstraum Wirklichkeit werden.

    Das finde ich klasse! Zurückblicken und die abgedroschene "Geiz ist Geil" Analyse bringt nichts. Die Kugel dreht sich nun mal. Mögen doch die Spisla's einen schönen und glücklichen Ruhestand genießen. Die Faszination Eisen- und Modellbahn ist noch lange nicht abgeschrieben und das ist doch das, was zählt. :)

    Gruß
    Djordje

  • Vielen geht es doch gar nicht mehr um die eigentliche Sache. Ob Modellbahn, Urlaub, Nahrungsmitte und und und. Hauptsache Schnäppchen gemacht. Welche Freude man hat und welche Eindrücke man mitbringt oder wie gesund und nachhaltig es war spielt offensichtlich keine Rolle mehr.

    Ich finde das sehr sehr schade.

  • Ja Reiner , Schade Vieles was uns früher lebensqualität geboten hat, wie das Bierchen nach Feierabend , da findest du auch keine Kneipe mehr für..

    Wie sagte Loriot...Früher war mehr Lametta...!

    Das Internet ist Fluch und Segen zugleich, machte die Läden kaputt und die Coronaverbote waren die letzten Sargnägel für Viele Branchen, denn Baumärkte durften 500 Leute reinlassen und ein kleiner Laden der froh wäre wenn alle Stunde mal einer reinschaut musste schliessen , weil einem Lauterbach nix besseres einfiel.

    Die Internet Foren sorgen aber auch dafür das kein Spur Einser Mangel an Rollmaterial hat, viele teile sind für uns jetzt zugänglich die sonst nur pö a pö in Fachmagazinen erschienen...

    Räder müssen rollen ...für den .... Spass am Gleis....Horst Schneider

    anbei noch ein verspäteter Ostergruss aus dem Ostertal

  • Die Internet Foren sorgen aber auch dafür das kein Spur Einser Mangel an Rollmaterial hat, viele teile sind für uns jetzt zugänglich die sonst nur pö a pö in Fachmagazinen erschienen...

    Stimmt da bin ich heilfroh, das ich das meiste was ich suche finden kann. Oft preiswert aber mit langen Fahrten verbunden wo man viele Spur1er auch persönlich kennen lernen kann:)

    Allzeit HP1

    Frank

    Mein avatar ist als Bausatz noch käuflich trittfest und freilandtauglich

  • Hallo,

    vielleicht solltet ihr Unken mal anschauen wie es die - wenigen - Läden machen die es heute noch gibt. Denn nur hinter die Theke stehen und warten bis "alle Stunde mal einer reinschaut" kann ja nicht mehr zielführend sein in einer Welt in der man vom Sofa aus alles, wirklich alles einkaufen und bringen lassen kann! Das war eigentlich schon vor 2 Jahrzehnten erkennbar und wer damals mit aufgesprungen ist, ist heute so weit dass das meiste schon der PC (evt. mit KI) macht.
    Und die "Grauköpfe", die hier immer als aussterbend deklariert werden, werden eher mehr.

  • Ich hatte zu dem Thema ein interessantes Gespräch mit einem Händler, zwar auf der anderen Seite des Teichs, aber das sollte hier genauso passen.

    Anlässlich des Umbaus im Laden hatte ich ihn gefragt, ob er verkleinert. - Nein, er vergrößert!
    (Er führt von N bis G und hat hauptsächlich Gebrauchtware.)
    Auf meine Anmerkung, daß die meisten Hobby-Shops kämpfen, meinte er nur, daß er die richtigen Preise hat. Er kennt den Markt und die Gebrauchtware kostet bei ihm nicht mehr als auf den Train Shows.

    Und bisher war jedesmal Betrieb in seinem Laden wenn ich dort war. Offensichtlich hat er sein Geschäftsmodell an den geänderten Markt angepaßt.

    Gerade die Fixierung auf Neuware scheint mir nicht zeitgemäß. Schließlich wird das Material nicht von Kindern beim Spielen verbraucht und gerade bei den großen Spuren steckt soviel Wert drin, daß das keiner einfach auf den Sperrmüll wirft. An dem sicher aufwendigeren Gebrauchtmarkt kann man teilnehmen oder es lassen und die Konsequenzen tragen.

    just my .02

    Achim

  • Hallo Achim

    toller Beitrag und Info. Viele der hier ansässigen Gebrauchtwarenhändler kan Ich nur als Apotheken bezeichnen. Da ich sehr viel nachkaufen muss, bin ich auf Gebrauchtware angewiesen. Da halte ich und viele andere Käufer wenigstens die Preise einigermaßen stabil. Z.b. KM 1Loks

    die werden gebraucht oft nur 10 bis 20% unter dem Vorbestell oder Regulärer Verkaufspreis angeboten. Zum Händler gehe ich auch wieder hin bei beratungsinteniven Produkten wie ESU Steuerung usw.

    Allzeit HP1

    Frank

    Mein avatar ist als Bausatz noch käuflich trittfest und freilandtauglich

  • Hallo,

    vielleicht solltet ihr Unken mal anschauen wie es die - wenigen - Läden machen die es heute noch gibt. Denn nur hinter die Theke stehen und warten bis "alle Stunde mal einer reinschaut" kann ja nicht mehr zielführend sein in einer Welt in der man vom Sofa aus alles, wirklich alles einkaufen und bringen lassen kann! Das war eigentlich schon vor 2 Jahrzehnten erkennbar und wer damals mit aufgesprungen ist, ist heute so weit dass das meiste schon der PC (evt. mit KI) macht.
    Und die "Grauköpfe", die hier immer als aussterbend deklariert werden, werden eher mehr.


    Ja in den Bevölkerungs reicheren Gegenden werden noch ein paar Moba Läden überleben, tätigte hier früher in einem Vollsortimenter Laden meine Einkäufe, mit 50 km Anfahrt. Vor 2 jahren holte er für die Eins den Preishammer raus und verkloppte alles zum halben Preis, der wird sich nicht mehr mit Platzeinnehmenden Kartons belasten. Wohl dem der Einen Seyfried (ua) in seinem Einzugsgebiet hat.

    Fällt mir gerade ein, schon vor der Internet Konkurrenz gab es Umsatzprobleme, Als die Preise für Märklin für Loks anstiegen, war es sehr verlockend sich bei dem Versandhandel einzudecken, der mit 20 % Rabatt agierte. So gesehen habe ich auch meinen Anteil am "Untergang"

    Auf den diversen Messen überwiegen die Grautöne , kann aber auch sein das das ständige Lösen von Betriebs -Problemen, und lange Vorbestell -wartezeiten bei der Eins, die Haare vorzeitig ergrauen lässt! Alles nicht so schlimm, erst wenn Kalk auf die Schwellen rieselt, dann wirds kritisch...

    Heute ist wieder Modellbahn Wetter....Horst Schneider

  • Die elektrische Eisenbahn als technisches Spielzeug, welches in jedem Jungenzimmer gehört - das war einmal. Die flächendeckende Versorgung mit Loks, Wagen, Weichen, Gleise, Fallerbausätze und Streumaterial in jedem Haushalt- und Spielwarenladen aufm Lande zumindest in der kalten Jahreszeit und in jedem größeren Kaufhaus in der Stadt, das habe ich (Bj.67) teilweise noch gekannt, war in den Niederlanden spätestens Mitte/Ende der Achtziger vorüber. Dafür hat die Modelleisenbahn als anspruchsvoller Hobby, als Nischenprodukt für ein relativ kleiner, sehr engagierter Kreis, seitdem eher zugenommen - so viele Ausstellungen mit hochwertige Exponate, Vereine wie FREMO, Foren, die Vielschichtigkeit der Interessen und Teilgebiete, unterstützt durch entsprechend tiefgreifend und akribisch recherchierte Fachpublikationen, hat es früher nicht gegeben.

    In den gleichen Zeit hatte auch jeder Jugendzimmer, jeder Studentenbude, fast jeder Wohnraum eine ´richtige´ Stereoanlage, und die einschlägigen Zeitschriften hatten große Auflagen. Autos waren natürlich auch ein mehrheitsfähiges Gesprächsthema in jeder Kneipe und auf jedem Geburtstag - vorbei. Die Welt hat sich im großen Stil individualisiert, nicht alle machen jedes und reden bei jedem mit (das damit auch das gegenseitige Verständnis und die Empathie für andere Lebensinhalte bzw. Steckenpferde als den eigenen nachgelassen haben, ist ein bedauernswerter Nebeneffekt), dafür geht man das, wofür man sich aktiv entschieden hat, umso engagierter und persönlicher nach. Wo AutoBild und Auto, Motor Und Sport niemals mehr die Auflagen von damals erreichen werden, gibt es jetzt spezialisierte Printtitel wie Evo, Octane, ramp, Walter et cetera. Kleinere Auflagen, höhere Einzelpreise.

    In der Niederlande gab es spezialisierte Modellbahnläden wofür man auch einen längeren Umweg in Kauf nahm, weil die neben dem Standardprogramm auch das Besondere hatten; das, was man sonst nur in Modellbahnzeitschriften zu sehen bekam. Da wurde natürlich lange gestöbert und gefachsimpelt, und auch wenn man die Bochmann und Kochendörfer Bekohlungskran nicht gleich mitnahm, die Anschaffung von MP Modellbau Lokradsätze noch ein wenig verschob und vom Lemaco BR 50 nur träumte - man deckte sich natürlich hier und nicht woanders ein mit dem aktuellen Bedarf. Dann hatte irgendeiner Schlaumeier natürlich herausgefunden, dass die Umlaufgeschwindigkeit der besonderen Artikeln gelinde gesagt unterdurchschnittlich war, und dem Inhaber entsprechend beraten. Geschäft umgezogen nach ein Standort im Einkaufszentrum, Sortiment ´bereinigt´ und ergänzt mit generischen Sachen wie RC-Autos usw. Die Stammkundschaft blieb weg, Neukunden kamen nur wenige dazu, Geschäft kaputt.

    Auch wenn ´die breite Mitte der Gesellschaft´ schon längst weggebrochen ist - mit ´klein, fein, und spezialisiert bei hohem persönlichen Engagement´ lässt sich nach wie vor Geld verdienen, die Szene ist so lebendig wie kaum zuvor. Das gilt für Modelleisenbahnen genauso wie für hochwertiges Stereoequipment und Liebhaberfahrzeuge. Dass die Geschäftsmodelle von anno dazumal schon wegen die horrenden Quadratmeterpreise in Gegenden mit Laufkundschaft ihre Gültigkeit längst verloren haben, steht auf einem anderen Blatt.

  • Ich habe in nächster Nähe (weniger als fünf Kilometer entfernt) zum Glück noch einen Modellbahn-infizierten Händler. Offiziell firmiert er als Spielzeug-Laden, doch knapp 50 Prozent der Ladenfläche gehören Eisenbahnen von Z bis H0 und LGB. Für Spur 1 ist leider kein Platz mehr. Der Umsatz wäre wohl auch zu gering. Für meine Z-Bahn kaufe ich dort aber alles. Und auch Decoder, Streumaterial, Kabel, ... für die Große. Ein nettes Gespräch gibt's dann auch immer - bis der nächste Kunde herein kommt. Und das seien seit Corona sogar wieder mehr geworden. Und nicht alle davon haben graue oder gar keine Haare ;).

    Gruß aus Seevetal
    Axel

  • Es ist immer Schade wenn Händler aufgeben, hier "um die Ecke" (10km) gab es einen Modellbahnladen der bereits Anfang 2000 dicht gemacht hatte aufgrund fehlender Nachfolge. Dort konnte ich damals günstig gebrauchte Märklin M-Gleise oder Loks kaufen.

    ein Modellbauladen ähnlich weit (hauptsächlich RC) musste schließen aufgrund schlechter anbindung und entsprechend wenig Kundschaft, dieser hat nun nur noch ein Geschäft in Hamburg und viel online.

    Etwas weiter weg gab es einen Spielzeugladen mit Modellbahnabteilung nach der Rente der Eltern haben die Kinder das Geschäft übernommen und aufgeteilt, es gibt noch ein Modellbahn laden, der aber auch viel Lego und Kunststoffbausätze hat.
    Gelegentlich kaufe ich dort mal einen Bausatz wenn ich in der Nähe bin und etwas interessantes sehe.
    Und wenn ich dann in besagtem Laden bin und etwas suche (Bsp Schotter letzte Woche) der Laden komplett leer ist und der gelangweilte Verkäufer nur "Haben wir nicht da, keine Ahnung wann was kommt" sagt um dann weiter in Katalogen zu blättern muss ich nicht direkt etwas kaufen. Oder andere Dinge wie Vallejo Model Air farben nicht bestellt werden können obwohl Model Color im sortiment sind.

    Zu all dem kommt noch das viele Artikel deutlich über UVP verkauft werden.
    Beispiel der 1:12 Lancia Delta von Italerie
    UVP: 189.99€
    Online: 139.99 - 154.99€
    In diesem Geschäft: 230€ (nach mehreren Monaten auf 220€ reduziert)


    Ich kaufe gerne Online (besonders wenn ich keine Beratung benötige, da ich dann nicht aus dem Haus muss) wenn ich mich irgendwo beraten lasse kaufe ich allerdings auch dort.
    Dennoch muss ich auch sagen, vor Corona hatte ich monatlich für Hobbies ca 700-800€ übrig. Inzwischen, bei gestiegenem Lohn, sind es noch 200-300€ und da muss man einfach auf Geld achten (betrifft ja noch viel mehr jüngere Generationen so zwischen 14-20 jahre alt), da muss man einfach auf Preise gucken und wenn man weiß was man möchte und keine Beratung benötigt verstehe ich das man dann das günstigste Angebot wählt.

    Schönen Ostermontag

  • Hallo,

    auch in der Modellbahn-Branche gilt:

    „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“

    Ich kann alles Online recherchieren, kaufen und es wird mir nach Hause geliefert. Zum Beispiel gibt es kein Moba Händler in Berlin und Umkreis von 300 Kilometern der Km1, Spur 1at, Spur01, Kiss, Wunder usw. im Sortiment hat. Also hält sich mein Mitleid in Grenzen. Wenn es in Spur 1 überhaupt was im Laden gibt ist es in der Regel teurer als Online. Von Fachberatung ganz zu schweigen.

    Nachdenkliche Grüße
    zickezackeeisenbahn

  • Tja, es ist immer die gleiche Frage: War früher Vieles besser oder nur anders? In meinem Geburts- und langjährigen Wohnort (Viersen, 85.000 Einwohner) gab es in den achtiger Jahren noch 5 Geschäfte, die Spielwaren und/oder Modelleisenbahnartikel im Angebot hatten. Davon zwei auch mit Märklin-Spur 1. Damals war ich noch ausschließlich in H0 unterwegs und konnte (fast) alles vor Ort bekommen. In besonderer Erinnerung ist mir der Laden vom alten Grassmann (er möge mir verzeihen) geblieben. Die im Schaufenster ausgestellten Artikel waren fast alle durch die langjährige Sonneneinwirkung ausgeblichen. Ein dunkler, enger Verkaufraum mit deckenhohen Regalen, vollgestopft ohne erkennbares System mit Puppen, Plastikspielwaren, Gesellschaftsspielen, etc. und eben Modellbahnartikeln. Die knappe Begrüßung "Ja?" vermittelte mir immer das Gefühl, zu stören. Herrn Grassmann kenne ich nur in grauem Arbeitskittel. Er verkaufte nicht nur Modellbahnen, er reparierte sie auch. Ich habe bei ihm mehrfach Neuware bekommen, die längst ab Werk nicht mehr lieferbar war. Auf eine entsprechende Nachfrage verschwand er wortlos in den hinteren Räumen, man hörte ihn kramen und nach durchaus auch längerer Wartezeit tauchte er auf und hatte häufig den gesuchten Artikel in der Hand. Auf die Eingangsfrage kenne ich nur die Antwort, die ja den Juristen allgemein nachgesagt wird: Es kommt darauf an.

    Viele Grüße

    Hans-Jürgen

  • Hallo,

    Es ist wie bei den Tante Emma Läden.

    Es gibt nur noch vereinzelte Modelleisenbahnhändler mit Ladengeschäft.

    In der heutigen Zeit,wo Geiz ist geil,wichtiger ist als das persönliche Miteinenander lässt sich das halt nicht mehr aufhalten.

    Und im ersten Thread beschrieben,darf man mit über 70 Lebensjahren auch in den Ruhestand gehen,auch wenn kein Nachfolger in Sicht ist.

    Gruss Wolfgang

  • In der heutigen Zeit,wo Geiz ist geil,wichtiger ist als das persönliche Miteinenander lässt sich das halt nicht mehr aufhalten.

    Wer zum Teufel sagt denn das die ganze Zeit, mit dem Geiz ist Geil? Ich denke dieser Werbeslogan ist einfach nur in den Köpfen hängen geblieben, ohne weiter darüber nach zu denken.

    Schon zu meinen Kinderjahren hat man aufmerksam Angebote studiert, meistens sogar nochmal gehandelt, eben genau auf seine Ausgaben und sein Geld geachtet. Aber vor 40 Jahren hat da keiner einem Geiz ist Geil hinterher gesagt.

    Jetzt wo alles ohnehin schon deutlich teuer ist, scheint es wohl en vogue zu sein, großzügig sein weniges Geld (wenn überhaupt seine Eigenes) auszugeben?

    Mag sein, das es den ein oder anderen nicht schmerzt, aber Geiz ist Geil lass ich mir nicht gerne vorwerfen, nur weil ich gerne bei (Online-)Angeboten zuschlage.

    Gruß
    Djordje

  • Ich habe als 19 Jähriger( 1987-89) im ehemaligen West Berlin im Modellbahnladen gearbeitet , wir hatten zwei Läden . Einer Nahe des SFB der andere war am Flughafen Tempelhof. Meine Chefin hat auf alles 20 % des UVP gegeben. Auch damals gab es zwei große Modellbahngeschäfte aus West Deutschland welche sich mit Hammerpreise und den Versandhandel spezialisiert hatten. Kennen bestimmt einige noch aus den Zeitschriften deren Werbung
    Stellt euch vor die haben unsere Preise teilweise noch unterboten . Da gab es Geiz ist ….. noch überhaupt nicht.
    Da haben auch einige der Stammkunden gerne mal gekauft .

    Wie wir das mitbekommen haben , na es kam vor das mal mit dem Modell was nicht in Ordung war. Da standen sie dann mit Modell dann bei uns im Laden . Den zurückschicken war früher nicht immer so leicht.

  • Es gibt doch auch kaum noch Spielwaren geschäfte und für die war die Modelleisenbahn ein Standbein. Die wurden verdrängt durch Ketten wie zb Rofu und andere. Preiswerter wie der normal Spielwaren-handel waren die eigentlich nicht , aber ein Riesiges Angebot an Waren (ohne Märklin & Co ) da können Kleine Läden nicht mithalten und gingen samt Ihrer Modelleisenbahnen unter. Darüber hinaus sind die Produkte alle sehr Anspruchsvoll und durch die die Steuerungstechnik sehr kompliziert geworden das nur noch Spezielle Fachläden da mithalten können, den heutigen Anforderungen wären sehr viele ältere kleine Geschäfte nicht mehr gewachsen. Dann ist mir aufgefallen das Modellbahn-börsen für HO und N neben Internet die Neuen Einkaufsquellen sind, Spur 1 gibt es da kaum dafür boomen die Ausstellungs-Verkaufsmessen in O und 1 . dann kommt noch die Betriebsauflösung wegen Alters hinzu, das konnte ich selbst erfahren, für meinen Handwerksbetrieb fand sich keiner der das Risiko auf sich nehmen wollte, mit 74 J darf man aufhören. zum leidwesen meiner kunden für die sich die Verfügbarkeit von Handwerkern weiter verschlechtert hatte.

    Was ist schlimmer, wenn einer auf seine Lok Jahrelang warten muss, oder wenn Dein Garagentor streikt, dein BMW nicht auf die Strecke kommt weil die Handwerker keinen termin mehr frei haben?

    Alles ist im Fluss....Horst Schneider

  • Hallo,

    der Wegfall von Fachgeschäften ist kein Phänomen der Modellbahn alleine. Wo gibt es heute noch Fotofachgeschäfte, kleine Radiofachgeschäfte, Handarbeitsgeschäfte etc. in nennenswerter Anzahl? Selbst die kleinen Marken Pkw Händler werden immer weniger.

    Auch gab es diese Entwicklung bereits weit vor dem Internet. Das Internet mag diese Entwicklung beschleunigt haben, ist aber nicht die alleinige Ursache dafür. Diese Änderung des Marktangebotes mag man beklagen. Aber letztendlich kann der Einzelne wenig daran ändern.

    Gruß

    Frank

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