Die Modelleisenbahnwelt verliert einen weiteren individuellen Fachhändler
Modelleisenbahngeschäfte werden leider immer weniger. Das ist bekannt!
Dies ist ein Beispiel vom Kampf vieler stationärer Händler mit der Konkurrenz aus dem Onlinehandel, aber auch für den demografischen Wandel und der Verschiebung von Hobbyinteressen der Generation Y (Millennials), Z und Alpha. Wie wir alle wissen, geht in der Modellbahnbranche seit Jahren der Umsatz zurück und die Zahl der Stammkunden wird altersbedingt immer geringer.
An für sich nichts neues, aber in diesem Fall habe ich aus meiner "Wuppertaler Zeit" einen persönlichen Bezug und so schaue ich ein wenig wehmütig an die gemeinsamen Stunden zurück, die ich bei Klaus und Astrid Spisla verbracht habe.
Es sind aber auch traurige Nachrichten für Modelleisenbahner aus der Region.
Nach 36 Jahren schließen Klaus und Astrid ihr Fachgeschäft "Eisenbahn & Modellbau Klaus Spisla" in Kürten-Bechen.
Unwiderruflich!
Die letzten Wochen lief schon der Rabattverkauf "Alles muss raus!"
Am morgigen Samstag ist letzter Verkaufstag.
Ein Kapitel, nein, eine Ära geht zu Ende.
Wie schreibt Klaus Spisla so treffend auf seiner Homepage, ich zitiere:
"Liebe Kunden,
nach 36 schönen und erfolgreichen Jahren wird unser Geschäft zum 19 April 2025 geschlossen, und auch wir gehen anschließend in den wohlverdienten Ruhestand.
1964 bekam ich meine erste Märklin Modelleisenbahn. Die Weichen wurden gestellt: "Den Traum, Lokführer beim Vorbild zu werden, erfüllte sich zwar nicht, aber auf der kleinen eigenen Modellbahnwelt konnten alle Dampf-, Diesel- und E-Lokomotiven von mir gefahren werden.
1967 wurde aus dem Hobby mein Beruf. Ich lernte Einzelhandelskaufmann bei "Spielwaren Haas", Abteilung "Modelleisenbahnen" in Bergisch Gladbach.
1989 wurde mir ein Modellbahn-Fachgeschäft angeboten. Als der Besitzer in den Ruhestand ging und sagte, er suche einen Nachmieter, habe ich nicht lange gezögert dieses Geschäft in Bergisch Gladbach zu übernehmen.
Seit dem 01. Juli 1989 lautet unsere Firmierung: "Eisenbahn & Modellbau Klaus Spisla". Darüber hinaus sind wir von Beginn an Mitglied im Spielwarenverband "Idee und Spiel". Unser Motto bis zum heutigen Tag lautet: "Wo gibt's Modellbahnen 1. Klasse?", was nichts anderes bedeutet, als dass wir nur Neuware verkaufen.
Schwerpunktmäßig haben wir uns auf das Sortiment Modellbahnen und Zubehör von Spur Z bis zur Großbahn spezialisiert. Reparaturen und Digitalumbauten, ob neu oder alt, werden von uns mit Garantie ausgeführt.
Als Insider Tipp zu vermerken, führen wir ganzjährig Kunsthandwerk original aus dem Erzgebirge, z.B. Nussknacker, Räuchermännchen, Blumenkinder, Faltenrockengel oder beleuchtete Schwibbögen mit Innenmotiven, z.B. Plauener Spitze.
Als wir vor 36 Jahren mit der Modelleisenbahn begannen, wusste damals niemand, wohin die Reise einmal führen würde.
Von der heutigen Digitaltechnik mit Sound, Dampf sowie viele weitere Funktionen und einer Detaillierung hätten wir damals nur träumen können.
Was wir uns damals auch noch nicht vorstellen konnten, welche massiven Auswirkungen das Internet haben könnte. Wir erleben "Globalisierung", brauchen "Suchmaschinen", um uns überhaupt zurecht zu finden. Wir sehen "Online-Shops", können sie aber nicht wirklich besuchen, erst recht keine Ware in die Hand nehmen und von allen Seiten begutachten.
Und noch andere unschöne Effekte machen sich bemerkbar: Insolvenzen der Hersteller, auch große Namen wurden nicht verschont. Insolvenzen und Geschäftsaufgaben der Händler rings um uns herum.
Ist "Geiz ist geil" wirklich alles, was ein Modellbahner-Herz höherschlagen lässt?"
Zitat Ende.
Wer möchte, den nehme ich gerne noch mit auf meine kleine persönliche Zeitreise, die ich gemeinsam mit Spislas erlebte:
Spisla, dieser Namen stand in den vergangenen Jahrzehnten für Modelleisenbahnen, der Name war untrennbar mit diesen Miniaturmodellen verbunden. Natürlich war hier auch die Königsspur vertreten.
Als er vor neun Jahren das Ladenlokal, welches er 1989 übernommen hatte, wieder verlassen musste, fiel dem Kürtener das Lädchen in Bechen auf. „Eine sehr gute Entscheidung“, meint er rückblickend. Mit seiner Gattin Astrid hatte er immer eine Begleiterin an der Seite, die andere Geschäftsfelder eröffnete. Erzgebirgische Volkkunst (Räuchermänner, Pyramiden, Schwibbogen) und Plüschtiere der Marke Teddy haben mit Erfolg in ihrem Sortiment einen Platz gefunden.
Und natürlich alles, was für den Modellbau wichtig ist.
Das Geschäft war allererste Anlaufstelle für alle im Bergischen Land bis weit vor die Tore Kölns hinaus, die ein Herz für die Modelleisenbahnen haben.
Die Spislas lieben ihren Laden und ihre "großartigen" Kunden sehr. Immer wieder fällt der Satz: „Hat das klassische Modellbahnfachgeschäft noch eine Zukunft?“
Astrid erzählt mir, „ich habe viele liebenswerte Menschen im Geschäft kennengelernt“. Im Gespräch mit den Kunden müsse sie sich oft zusammenreißen, um keine Tränen zu vergießen. Sie hat eine ansteckend fröhliche Art, auch bei der Beratung.
Ihr Geschäft sei bis jetzt immer gut gelaufen. „Aber ich kann niemandem heutzutage raten, einen reinen Einzelhandelsladen ohne Onlineshop neu zu eröffnen. Das ist einfach sehr schwer geworden.“ Dann betont sie: „Es reicht nicht, dass Leute sagen: ‚Das ist ein hübscher Laden‘, wenn sie am Ende online kaufen.“
Gemeint waren damit die Kunden, die sich im Modellbahnfachgeschäft vollumfänglich beraten und die Modelle vorführen lassen, aber dann im Internet bestellen, da es dort billiger/günstiger ist. Wie hieß doch der Werbespruch einer Elektronik-Kette mit dem Namen des zweitgrößten Planeten des Sonnensystems und den charakteristischen Ringen…
Sehr viele Kunden waren über die Nachricht sehr betroffen und sagten nach der Bekanntgabe wie „dein Laden ist doch eine Institution im Bergischen Land.“
Sie wissen, dass sie ihre Tränen am letzten Tag nicht wird zurückhalten können. „Aber ich freue mich auch auf meinen neuen Lebensabschnitt.“, sagt Klaus Spisla.
Klaus Spisla bedauert zwar seinen Rückzug, aber mit 72 geht es halt nicht mehr so, wie vor 25 Jahren. Seine Frau Astrid wird bald 67, da darf die Rente kommen. Auch um die beiden Enkel will man sich jetzt mal kümmern. Aus Altersgründen wollen sie nicht mehr weitermachen.
Leider haben beide keinen Nachfolger fürs Geschäft gefunden, trotz langer Suche, berichtet er mir. Im vergangenen Jahr sei ein Interessent, Mitte 40, abgesprungen. Ihm sei die Geschäftszukunft für die nächsten zwei Jahrzehnte zu heikel erschienen, berichtet Klaus Spisla und schaut bedrückt.
Zuletzt war Spisla weit und breit der einzige Fachhändler.
In einer der Schauvitrinen stand bis zuletzt noch der "Adler", des allerersten Zuges, der in Deutschland auf die Schiene kam. Im Dezember 1835 war das, auf der Strecke von Nürnberg nach Fürth. Die nachgebildete Zug ist ein Eyecatcher. Für mich stellte er noch einmal die "Komposition" auf die zwei Meter langen Gleise bei sich im Laden, aber sachte und behutsam. Klaus Spislas Augen strahlen, wenn er sich mit der Lokomotive beschäftigt. Er behandelt den Zug wie rohe Eier. 1985 zum Jubiläumsjahr "150 Jahre Eisenbahnen in Deutschland" hatte die Firma Märklin diesen Zug als Sondermodell auf den Markt gebracht. Die feine Festgesellschaft im offenen Wagen hatte damals wohl viel zu feiern. Ihm ist nicht mehr zum Feiern zumute...
Für mich war das "Eisenbahn & Modellbau Fachgeschäft Spisla" mit den vielen großen und kleinen Dingen, die das Hobby Modelleisenbahn erst so richtig interessant machen, ein Zufluchtsort und ein Ort zum Träumen. Hier bekam ich die ein oder andere Lok "Live und in Farbe" präsentiert und wusste dabei natürlich die persönliche Beratung und die kleinen Gespräche unter Fachmännern und Fachfrauen zu schätzen.
Die gemeinsamen Jahre haben uns sehr viel Spaß bereitet und sind schnell wie "im Zuge" vergangen.
Mir haben die Aufenthalte in der "kleinen Station" viel Spaß gemacht. Ich konnte die dort geweckten Emotionen mit nach Hause nehmen und hier noch lange genießen. Bis zum jetzigen Moment, als ich meinen Adler vor dem geistigen Auge vorbeifahren sehe.
Am beliebtesten ist Klaus Spisla das Fahrmaterial aus den 1950er und 1960er Jahren, der Epoche III. Da sei es bunt zugegangen auf den Schienen, in Deutschland, Europa und der Welt erzählt er mir mit seiner unnachahmlichen Begeisterung.
Ganz von der Eisenbahn kann der 72-Jährige auch zukünftig im Ruhestand nicht lassen.
Bei der Brockenbahn im Harz oder bei der Preßnitztal – Museumsbahn will Klaus Spisla sich einen Traum erfüllen. Er wollte schon immer einmal Lokführer sein. In Dampflokseminaren besteht hierzu Gelegenheit, die harte Arbeit des Lokpersonals hautnah durch theoretisches Wissen und praktische Fähigkeiten zu erlernen. Dann kann dieser Kindheitstraum Wirklichkeit werden. Das sei fest eingeplant, berichtet er mir schon voller Vorfreude seinen Traum am Steuer einer Dampflok wahr werden zu lassen…
Das spürt man sofort.
…denn mitfahren war gestern, Lokführer sein ist Morgen!
Dazu wünsche ich unvergessliche Stunden und ihm und seiner Frau vor allem Gesundheit!
Dies waren ein paar persönliche Eindrücke von seinem langjährigen Kunden Andreas.
Eine Randnotiz: Das fast gleichaltrige Peter Kübler (71) von "E + E Modelleisenbahn", Abteilung Spur 1 denkt noch lange nicht an Aufhören, aber das ist eine andere Geschichte, deren Fortsetzung noch hier im Forum erfolgen wird, bei der Modelleisenbahnfachgeschäfte vorgestellt werden sollen, die viel Herzblut und harte Arbeit in ihre Berufung stecken und vielleicht noch nicht allen so geläufig sind...
P.S.: Dieser Artikel erschien bereits auf meinem anderen Kanal und wurde nun aktualisiert.