• Hallo!

    Ich sammle Preußen so um 1913. Beim Überlegen, ob ich einen Wagen in der Version mit oder ohne Bremserhaus bestellen soll, bin ich auf folgende Frage gestoßen:

    Wie viele Wagen mit Bremserhaus waren eigentlich in so einem ganzen Zug?

    Gab es da (für Züge ohne Druckluftbremse) eine Mindestanzahl? Oder einen Mindestanteil? Oder hatten die Bremser dann einfach mal Pech, wenn im ganzen Zug kein Bremserhaus war? Vielleicht haben die Länderbahnen auch einfach so überall welche angebaut, auch wenn die meisten gar nicht gebraucht wurden. Ich habe auch keine Ahnung, wie viele Bremser so ein Zug brauchte.

    Vielleicht hat das ja schonmal wer recherchiert und kann fundiert etwas zu meiner Eingangsfrage sagen.

    Gruß,

    Daniel

  • Hallo Daniel,

    in diesen noch Luftbremslosen Zeiten hatten nur Wagen mit Bremserhaus auch eine Bremse und anhand dieser Bremserhäuschen bzw. der Anzahl der Bremser wurde das Bremsgewicht des Zuges errechnet. Das Mindest-Bremsgewicht eines Zuges ergab sich aus den Streckenverhältnissen. Handgebremste Züge durften nicht schneller als 30km/h fahren was auch die zulässige Höchstgeschwindigkeit vieler damaliger Güterwagen war.

    Hier jetzt noch die Pfeifsignale der Zuglok für die Bremser aus der Signalordnung der DRG:

    Signal Zp 1 - Achtungssignal - Achtung Ein mäßig langer Ton

    Signal Zp 2 - Handbremsen mäßig anziehen - Ein kurzer Ton.

    Signal Zp 3 - Handbremsen stark anziehen . Drei kurze Töne schnell nacheinander.

    Signal Zp 4 - Handbremsen lösen - Zwei mäßig lange Töne nacheinander

    Signal Zp 5 - Notsignal - Beim Zug ist etwas Außergewöhnliches eingetreten - Bremsen und Hilfe leisten Mehrmals drei kurze Töne schnell nacheinander. Das Signal gilt für alle Mitarbeiter.

  • Grüß Dich Daniel !

    Das sind ja ne Menge Fragen.

    Also seit wann genau durchgängig Luftgebremst gefahren wurde weiß ich auch nicht, aber zum Rest kann ich Dir einiges sagen.

    Wie Du Dir denken kannst ist bei den Eisenbahnen alles irgendwie geregelt und organisiert. Das gilt genauso für Wagen im Zugverband,wie das dazugehörige Personal.

    Also Bremser die keine Hütte finden,dürfte es nicht gegeben haben.

    Züge müssen nunmal gebremst werden und wie genau hängt von vielen Faktoren ab. Als da wären Topografie der Strecke,dem Zuggewicht,der vorhandenen Bremsen und deren Bauart/Bremskraft und natürlich auch von den Geschwindigkeiten und den damit im Zusammenhang

    stehenden Bremswegen.

    Das gilt eigentlich genauso bis heute . Um da eine einheitliche Regelung zu haben werden für jedes Fahrzeug Bremsgewichte ermittelt, die für jeden Zug addiert und mit der Formel

    Gesamtbremsgewicht x100

    geteilt durch das Gesamtzuggewicht.

    Dieses Ergebnis heißt

    Mindestbremshundertstel

    und das ist die Basis zu Bewertung wie ein Zug zu bremsen ist.

    Diese Information bekommt der Lokführer u.A .durch den

    Bremszettel mitgeteilt... auch bis heute...

    Für jeden Zug müssen diese nach den festgelegten Vorgaben ,also der zu befahrenden Strecke und Geschwindigkeit erfüllt sein. Und danach richtet sich die Anzahl der gebremsten Wagen im Zug. Handgebremst,wie luftgebremst. Da für Wagen

    die mit Personen besetzt sind eine wirksame Bremse

    vorhanden sein muss, dürften alle ,nur in handgebremsten Personenzügen laufenden, Wagen eine Bremse und somit ein Bremshäuschen gehabt haben....die Wagen mit Bühne mal aussen vor .

    Ungebremste Abteilwagen

    gab es meines Wissens nur

    auf der Berliner Stadtbahn,

    aber immer nur festgekuppelt mit einem Handbremswagen... ..

    Es gäbe da noch viel zu schreiben, aber dies nur mal

    fürs erste...

    Gruß Wolfgang

  • Moin!

    Nun, für die Modellbahn reicht wohl eine simple Faustregel, um einen glaubwürdig ausschauenden Zug zusammenzustellen:

    Etwa ein Drittel der Güterwagen sollten (hand-)gebremst sein.

    Auch nach durchgängiger Einführung der Druckluftbremsen gab es ja auch viele sogenannte Leitungswagen, die nur die Druckluftleitung aber selbst keine Bremse hatten.

    Gruß,
    -karsten

  • Und zu den Bremsern:

    Bei Nahgüterzügen wurden ja auch Wagen an den Stationen unterwegs ab- und zugestellt. Hatte der abzustellende Wagen ein Bremserhaus, stieg der Bremser selbstverständlich ab und verblieb nicht beim Wagen. Er nahm dann Platz im Pwg des Güterzugs.

    Gruß,
    -karsten

  • hallo,

    bei allem Respekt vor den Erläuterungen der Kenner der Materie, erlaube ich mir als Laie zu diesem Thema:

    Da auch die Augen - zumindest bei mir - eine Rolle mitspielen, habe ich auf der Anlage nur Güterwagen mit

    Bremse, genauer gesagt, mit den optisch sichtbaren Bremsbacken an den Rädern.

    Die G-Wagen ohne die Bremsbacken, oder Leitungswagen, (mit den optisch "kahlen" Rädern)

    gefallen mir im G-Wagenzug Verbund nicht.

    --viele Grüße, Dieter--

  • Hallo Dieter,

    so sieht es halt jeder anders


    mir gefällt so ein kahler "Barfüßler" durchaus wobei dieser Wagentyp hier mit nur 3m Achsstand auch bei ausreichender Bremsung des Zuges nur mit 30km/h befördert werden darf.
    Daniels Frage betraf aber die Ep. I ohne Luftbremsen, da waren kahle Wagen in der Mehrheit. Dafür kommen dann schöne Räder besser zur Geltung.

  • Lassen wir mal Zahlen sprechen.

    Genaue Zahlen habe ich nur aus Bayern.

    Im Wagenverzeichnis von 1913 werden die gedeckten Verbandsgüterwagen (G10) mit 250 handgebremsten gegenüber 4532 Gm ohne Bremse geführt.

    Carstens Band 1.1 S.69:

    " Spätestens ab 1923 bekamen auch neue bislang ohne Bremse gebaute G Kassel und München ebenso wie die Wagen mit Handbremse Kunze-Knorr-Druckluftbremsen und Hülsenpuffer"

    Gruß Norman

    Viele Grüße von Norman

    Edited once, last by bayer.DVI (October 2, 2024 at 9:59 PM).

  • Moin !

    Ich habe gestern mit Tunnelblick nur was zu Personenwagen mit hochgesetzten Bremshäuschen geschrieben......weil ich mich derzeit intensiv mit meinen Märklin Abteilwagen beschäftige 3, wie 4achsig ...

    und da die Güterzüge irgendwie komplett ausgeblendet hatte.

    Aber auch für die Güterzüge

    galten und gelten immer die

    einzuhaltenen Vorgaben und Regeln. Die haben sich genauso wie die Technik im

    laufe der Jahre immer wieder,

    teilweise grundlegend, geändert. Wenn nun jemand

    zu Hause andere Sichtweisen

    für sein "Reich" hat und umsetzt ist das voll OK, hat dann aber bisweilen nix mehr

    mit der Umsetzung des Vorbildes zu tun. Nach der Eingangsfrage von Daniel

    sollte man dann auch auf die Epoche 1 und die damaligen

    Geflogenheiten eingehen.

    Wie schon festgestellt wurde,

    waren die Güterzüge bis in die zwanziger Jahre alle handgebremst.

    (Auch durchgehend z.B mit

    der Heberleinbremse)

    Und es gab auch sehr viele ungebremste Wagen. Die Zugbildung und die Besetzung der Bremshäuschen erfolgte aber auch da knallharten

    Regelungen, da die Bremsen nunmal sicherheitsrelevant sind. D.h. Der Zug musste homogen zusammengesetzt sein,das ungebremste und gebremste Wagen gleichmäßig verteilt waren.

    Nach Möglichkeit sollte der letzte Wagen gebremst und besetzt sein, Ausnahmen waren möglich . Maß der Dinge waren die Neigungen der zu befahrenden Strecke.

    War die Strecke zu steil musste der letzte Wagen gebremst und besetzt sein.

    Wenn ungebremste Wagen am Schluss liefen, musste

    ein besetzter Bremswagen in der Nähe sein. Grund für ungebremste Schlußläufer

    waren nicht im Zugverband einstellbare Schadwagen oder Drehschemeleinheiten.

    Mit Einführung der "Luftdruck

    Bremsen"(später Druckluftbremsen genannt)

    wurde ähnlich verfahren.

    Die Besetzung der Bremsen,

    ordnete der Zugführer an !

    Standen nicht genügend Bremser zur Verfügung, musste auch anderes freies Zugpersonal bremsen.

    z.B. Gastfahrer, Rangierer, Fahrladeschaffner ect.

    Vorangig sind die Bremsen gleichmäßig zu besetzen, bevorzugt schwere /beladene Wagen und wegen der Witterungsbedingungen, Häuschen vor offenen Sitzen. Nachlesen kann man das alles in den jeweiligen Fahrdienstvorschriften, die sind da sehr ergiebig.

    Noch als Nachschlag eine nette Begebenheit aus meiner Dienstzeit.

    In alter Zeit wurden die bremslosen Leitungswagen, zumindest hier im Rheinland, bei den Eisenbahnern als Weibchen bezeichnet.

    Da konnte ich mir als wohlerzogener Arztsohn nix

    drunter vorstellen. Als ich deshalb einen älteren Wagenmeister diesbezüglich

    fragte, grinste der frech über das ganze Gesicht und meinte.

    " Dat is doch klar, die hann doch keene Klötz"

    Ach so war das gemeint.....

    So long Wolfgang

  • Guten Morgen Wolfgang,

    nette Geschichte mit den Klötzen ;)
    bei uns im Württembergischen wurden die Barfüßler genannt.
    Auf den 2 Kilometern der Zahnradstrecke zwischen Honau und Lichtenstein wurde bis zur Einführung der Hildebrand-Knorr-Bremse (HiK) im laufe des II. WK nur Handgebremst gefahren. Die schon seit den 20er Jahren vorhandene Kunze-Knorr-Bremse (Kk) durfte wegen der Erschöpfbarkeit nicht genutzt werden. Besonders mit Ausflugszügen am Wochenende fehlten da gern die erforderlichen Bremser so dass das Lok- und Zugpersonal unter den Reisenden geeignete Eisenbahner zur Bremsbedienung aussuchten. Die Aussicht dass der Zug sonst geteilt werden müsste und sich die Heimfahrt sehr verspätete überzeugte meist zur Mithilfe beim Bremsen. Die Stammgarnituren der Strecke waren so zusammengestellt dass die Bremserbühnen zueinander standen und der Bremser, auf dem Übergangsblech stehend, beide Bremskurbeln bedienen konnten.
    Die Strecke war dann bei der DB auch die letzte auf der die Behelfspersonenwagen eingesetzt wurden, da diese die Hik-Bremse besaßen.

  • Jo Michael, die alten Zeiten und ihre Technik.......hat auch gefunzt...und nicht schlecht.

    In der "Zeit" steht diese Woche einiges über unseren alten Arbeitgeber und auch drei Lokführer: Großvater, Sohn und Enkel....da finden wir uns wieder....

    Die Erschöpfbarkeit der einlösigen Bremsen kennt heute keiner mehr. Ich habe das ansatzweise mit 'nem Lokzug E40/140 persönlich erleben dürfen, aber ganz entspant im Rheinland ohne Berge und ohne zielbremsen am Bahnsteig.... oder noch schlimmer mit Pz am Wasserkran......

    schönen Feiertag noch

  • Vielen Dank für die vielen Infos!

    Jedenfalls sind die gebremsten Wagen nicht so oft, wie es sich das Modellbahnerherz wünscht. Andererseits findet man aber wieder ein Argument, bei neuen Bestellungen mal am Bremserhaus zu sparen…

    In den Modellbahnkatalogen sind die Epoche-1-Züge ja immer ganz voller Bremserhäuser - das scheint ja nicht der Realität zu entsprechen (bei Güterzügen).

    Mir war auch nicht klar, dass alle Güterzüge auch 1914 noch handgebremst waren. Ich frage mich allerdings, was dann die Hydrauliksschläuche an einigen Güterwagenmodellen darstellen sollen?? (z. B. Weinfasswagen Dingler)

    Nochmals Danke für die Infos und Gruß,

    Daniel

  • Einige sehr wenige "Spezialwagen" hatten durchlaufende Brems- und Heizleitungen damit sie in den schneller laufenden Personenzügen mitgeführt werden konnten. In Bayern gerne auch mal ein Bierwagen :S.

    Gegen den ganz dringenden Durst gab es sogar Wagen mit eigener Bremsanlage welche dann sogar in Schnellzüge eingestellt werden konnten:P.

    Viele Grüße von Norman

    Edited once, last by bayer.DVI (October 5, 2024 at 7:37 AM).

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