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Jürgen Wille

unregistriert

1

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 10:17

Zugunglück Ankara

Hallo Forum,
ich habe mir immer schon die Frage gestellt, was mache ich als Lokführer wenn ich von einer sichtbaren Entfernung einen Zug sehe der mir auf meinem Gleis entgegenkommt.
Verfällt man dann in eine Schockstarre ?
Mein erster Gedanke wäre natürlich eine Vollbremsung und dann aus der Lok herausspringen, mein Leben wäre mir dann wichtiger als eine DB Vorschrift.
Es muss der schlimmste Alptraum sein, demjenigen Lokführer, dem sowas passiert ist, dürfte sich wohl nie wieder in eine Lok setzen.

Jürgen

2

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 11:00

Hallo Jürgen,

mir haben Lokführer erzählt daß sie sich nach einleiten der Schnellbremsung (und Hauptschalter aus) in den Maschinenraum flüchteten und dort auf den Boden legten.
Das geht natürlich nur, wenn genug Zeit bleibt.


Bei den E-Lokentwicklungen um 1900 wird immer wieder berichtet daß die Lokführer die vorne liegenden Führerstände kritisierten und es wohl deshalb zu den Loks mit mehr oder weniger massiven Vorbauten kam.
Da sich auch die Zugsicherungstechnik weiterentwickelte, konnten Zusammenstöße dann jedoch stetig verringert werden und wie man sehen muß ist es heute so sicher daß Fahrdienstleiter nebenher Handyspiele machen um die Langeweile zu vertreiben :-(

Gruß
Michael
Gruß aus Lichtenstein (Württ.)

ospizio

unregistriert

3

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 14:53

Zugunglück

HalloJürgen,

Aus eigenen Erfahrung:

Ich war einer der ersten während meiner Werkstattzeit inVillingrn im Zuge der Lokführerausbildung,der am Unfallort in Villingen V200 gegen Güterzug mit Dampflok eintraf.Der Lokführer der Dampflok hatte starke Prellungenbeider Unterarme,da er sich am Steuerbock festhielt als die Diesel aufprllte.Der Heizer flüchtete sich hinter den Kessel und da die Türen des Tenders aufgingen,war er unter den Kohlen verschüttet und wurde von mir geborgen.Der Diesellokführer wollte in den Maschinenraum flüchten,kam aber nicht mehr dahin.Das rettet Ihm das Leben,denn der Motor der ersten Anlage wurde aus der Verankerung gerissen(Aufprall mit über 80km/h)und hätte Ihn erschlagen.So wurde er schwerverletzt über eine Feuerwehrdrehleiter geborgen,nachdem wir das Führerhausdach abgemacht haben.Danach kam der Aufräumeinsatz beider Hilfszüge von Rottweil und Villingen.Ich kam nach langen 36 Stunden Einsatzzeit endlich wieder nach Hause.

Mein Freund Lothar Weiss fuhr morgens mit einer 140 Lz nach einer Personenzugleistung von Tuttlingen nach Singen/Htw um einen Güterzug zu holen.Er hatte in Hattingen Einfahrt auf HP1 mit 90km/h.Als er über die Einfahrweiche fuhr(der BF befindet sich in einer Rechtskurver)sah er auf seinem Gleis einen Güterzug mit Lok 194 stehen.Er leitete eine Schnellbremsung ein,und sprang bei 78km/h ab.Leider an einen Oberleitungsmast und war sofort tot.Der Lokführer der 194 befand sich wegen Indusi beschriften auf dem hinteren Führerstand .Durch den Aufprall der 140 erlitt er einen doppelten Beckenbruch.Wäre er vorne gewesen,wäre er auch tot.Schuld war FDL.

Ein paar Tage später ist in Stuttgart ein TF von einer Ellok 144 bei 58km abgesprungen,weil er den Aufprlaa auf einen entgegenkommenden Güterzug nicht mehr verhindern konnte.Er hatte sich nur den Fuss gebrochen.

Ich bin auch zweimal in den Maschinenraum geflüchtet erstens wegen einer Blechhütte mit Knonenofen der Bahnmeisterei,die der Sturm auf einen Bahnübergang geweht hatte.Beim zweiten mal stand ein Müllaster mitten auf dem Bahnübergang und durchbrach im letzten Moment die Schranken und ich rutschte ohne Aufprall vorbei.

An einem Wintertag habe ich mit einem Schnellzug mit 120km Geschwindigkeit einen Lieferwagen eines Zustelldienstes,der die Böschung hinuntergefallen und halb auf den Schienen zum Liegen kam verwischt und abgeschossen.Die Lok der Baureihe 111 war defekt,aber der Fahrer war zum Glück ein paar Minuten vor dem Aufprall aus dem Fahrzeug gestiegen.

Gruss Wolfgang

Beiträge: 286

Wohnort: Jagstzell

Beruf: Lokführer

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4

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 17:16

Hallo
Ich wüsste nicht,ob ich Reflexartig mich in den Maschinenraum retten/flüchten könnte. Ist mir Gott sei dank noch nicht passiert. Dafür hatte ich leider sechs Suizide und bei meinen letzten drei hab ich wohl einen Knax bekommen. Nach meinem Doppelsuizid war ich 1,5 Monate zuhause. Danach Wiedereingliederung und am dritten Tag der Wiedereingliederung sprang Nummer sechs rein. Ich war sechs Monate zuhause und natürlich wieder in Behandlung. Der Bahnarzt gab mir nur ein Jahr TÜV. Ich dachte ,wenn ich zu Cargo wechsle,dann wird es schon besser. Aber dem ist nicht so. Ich habe immer noch Herzrasen und feuchte Hände , wenn ich an einem Bahnsteig oder einer großen Hecke vorbeifahre. Nun, am kommenden Dienstag habe ich meinen Bahnarzttermin. Was soll ich ihm nun sagen? Die Wahrheit? Dann wars das. Soll ich lügen? Dann habe ich wohl mein Arbeitslebenlang Ängste. In Frührente schicken die mich wohl auch nicht. Läuft gerade alles beschissen. Ich weiß,mein Beitrag passt irgendwie nicht dazu, aber ich wollte es mal loswerden. Das sind die unangenehmen Seiten eines Lokführers.

Gruß
Tayfun

5

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 17:32

Lieber Tayfun,

ich mache mich ganz gewiss nicht lustig über deinen Kommentar. Das ist eine ganz ernst zu nehmende Sache. Als ich mir deinen Beitrag das erste Mal durchlas, verstand ich es überhaupt nicht.
Jetzt denke ich, du schreibst von deinen, eigenen 6 Suizid-Versuchen. Denn offensichtlich lebst du ja noch.

Du wirst eine beschissene Zeit haben, die jetzt auf dich zu kommt. Ich hatte 1996 einen Autounfall. Das juckte mich am wenigsten, andere Leute viel mehr. Nach 18 Jahren immer wiederkehrender Arbeitslosigkeit, bin ich jetzt seit 4 Jahren Frührentner. Das war das beste, was ich machen konnte. Ich wollte nie in Rente gehen, hoffte immer noch, dass ich wieder normal werden könnte. Das war ein Irrtum. Jetzt kann ich endlich das Leben wieder entspannt genießen.

Liebe Grüße und dir das allerbeste wünschende Grüße

Wolli

6

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 17:43

Hallo ich glaube da läuft was schief.

Tayfun schreibt von den Ängsten die er als Triebzeugführer ( Lokführer) hat da immer öffter Leute vor die fahrenden Züge springen.
Ich habe das mit eigenen Augen als Fotograf in Bochum miterlebt das eine Person hinter einer hohen Hecke vor die Lok gesprungen ist. Habe diese Person vorher nicht gesehen und es war nachmittags im Herbst also nicht dunkel.

Für den Lokführer ist das eine schlimme Erfahrung denn der Zug hat kein Bremsweg wie ein Auto.....leider.....
Schlichte Grüße Peter

ospizio

unregistriert

7

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 18:27

Angst

Hallo Tayfun,

Ich verstehe Deine Ängste sehr gut.Ich hatte auch zwei Suizide und dann noch einer Frau,die aus dem anfahrenden Zug gesprungen ist,den Unterschenkel abgefahren.In den 80igern hies es immer:Fahr weiter.Bei meinem letzten Suizid 1999 am 31,12,1998 musste ich 90 Minuten mit einem vollbesetzten Schnellzug 10 Minuten vor Stuttgart Hbf warten,bis ich den Zug unter Begleitung eines Bahnpolizisten in Stuttgart an den Prellbock fahren konnte. Danach war ich eine Woche ausser Gefecht.Aber immer wenn ichdanach an den Stellen vorbeifuhr hatte ich bis zur Pensionierung die Hand am Bremsventil.

Ich habe es selber erlebt,wie ein Kollege,der mit mir angefangen hat und vor der Beförderung stand und nach einem Suizid mit Dienststellenleiter und Bahnarzt bei mir auf dem Führerstand mitfuhr eben an der Stelle als wir vorbeifuhren zusammengeklappt ist und nicht mehr fahren .Er wurde ohne Beförderung pensioniert,was ja schon einiges an Geld ausmacht.

Meine Suizide und Unfälle (ich habe Kollegen,die hatten damas beim Fernverkehr schon 16 und mehr Suizide)habe ich durch Erzählen der Situation unter Kollegen und Freunden überstanden.

Heute belasten mich Verkehrsunfälle und Tote bei Einsätzen unserer Feuerwehr viel mehr.

Ich wünsche Dir,dass es bei Dir wieder besser wird.

Mit kollegialem Gruss

Wolfgang

von Kollegen als Gäubahnrebell betitelt.

8

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 18:42

"Zugunglück Ankara" ??

Gaten Abend allen hier ,



bei allem Respekt vor dem durchaus diskussionswürdigen Thema Suizide im Bahnbetreib und deren Traumata der TFZ .

Aber was hat das denn nun mit einem "Zugunglück Ankara" zu tun ? - Da hätte ich gerne Aufklärung ..

Oder hat sich da jemand "verschrieben" bei der headline ?


Abendgrüsse



Pierre

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »CIWL« (14. Dezember 2018, 00:33)


Beiträge: 803

Wohnort: Thüringen

Beruf: Unruheständler

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9

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 19:32

Ich bin schon verwundert über zwei Beiträge hier.

Zu Ankara und dem Beitrag von Tayfun sehe ich schon Verbindungen und
wünsche Tayfun alles erdenklich Gute.

Meine Tochter hatte als Notarzt schon mehrmals Einsätze nach solchen furchtbaren Ereignissen,
was sie auch jedesmal neu belastet.

;bahn; Harald



ospizio

unregistriert

10

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 20:04

Zugunglück

Hallo Harald

Danke für Deinen Beitrag.

Um nun unseren CIWL etwas zu beruhigen,(nicht dass er einen Herzanfall bekommt und einen Notarzt braucht)

will ich als Lokführer folgendes feststellen.Wenn Dir ein Zug auf Deinem Gleis entgegen kommt,gibt es wohl keine Chance mehr,es zu erleben.

Die Bilder in der schweizer Tagesschau zeigen einen lokbespannten Zug mit einer ES64.Zudem war es Nacht und auch das bessre Spitzensignal mit Fernlicht lässt ein Hindernis erst warnehmen wenn es zu spät ist.So wie die Bilder aussehen war

dieGeschwindigkeit wohl über 100km/h.Und ist noch Nebel oder Schneffall im Spiel ist die Sicht fast Null.Deshalb braucht ein Lokführer ja Streckenkenntnis und die Züge fahren ja auf Signal und nicht wie die Strassenbahn auf Sicht.

Die paralelle zu einem Zusammenstoss mit einem Zug oder Gegenstand gegenüber einem Suizid ist lediglich,dass die Lok auf den Schienen bleibt und der Lokführer keinen Gedanken an <flucht haben muss und keinen körperlichen Schaden

erleidet.Vom Selischen abgesehen.

Gruss Wolfgang

11

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 20:15

Hallo allen,
ich habe sehr viel Begriff für die Lokführer unten Ihnen, selber ein paar mal mitgefahren mit der "Meister" im Holland und dann waren "springer" auch mal das Thema.
Zurück auf OP gab es in die Niederlande im 1976 eine Unfall mit direkt Aufprellung einer D Zug von Hoek van Holland nach München bespannt mit ein Type 1300, eine schwere zechsäscher von CC 7100 SNCFFranzösicher Bauart abgeleitete Type und eine Leichtbau Nähverkehrszug "Sprinter" bestimmt für schnell Beschleunigung. Der Lokführer der D Zug hat Notbremsung eingeleitet und ist abgesprungen bei 40km/h. Die 24 Töte gab es in die "Sprinter" wobei der erste Wagen der Sprinter total zerstört würde. Der 1300 war nach einem Jahr repariert und wieder einsatzfähig.

Hier der Link:

https://nl.wikipedia.org/wiki/Treinramp_bij_Schiedam
MfG,
Martien

Beiträge: 286

Wohnort: Jagstzell

Beruf: Lokführer

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12

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 20:23

Hallo

Ich wollte mit meinem Beitrag keine Verwirrung stiften. Es tut mir leid, falls das der Fall ist. Danke trotzdem allen an die Anteilnahme. Mir gehen im Moment solche Eisenbahnunfälle mit tödlichem Ausgang sehr nahe. Kann sein, dass das nicht hier her gepasst hat.

Gruß
Tayfun

13

Donnerstag, 13. Dezember 2018, 20:40

Lieber Tayfun,

das muss die Foren-Gemeinde aushalten, selbstverständlich passen Deine Beiträge hier hin!
Das echte Leben besteht nicht nur aus Trallala, da sind Leid und Unglück viel zu oft die Begleiter.

Und bei solchen Erlebnissen wird Modellbahn/ Modellbau ganz schnell nebensächlich.

Ich wünsche Dir alles Gute, vor allem eine Entscheidung, die, wie auch immer sie ausfällt, Dich dann gut leben lässt.

:thumbup:
Schöne Grüße vom Oliver.

Moderationen sind immer als solche gekennzeichnet! (neu in 2019)

Beiträge: 369

Wohnort: Metronom-City Niedersachsen

Beruf: Freiberufler

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14

Freitag, 14. Dezember 2018, 19:23

Hallo Tayfun,
die Hamburger Hochbahn, wie auch die Münchener Verkehrsbetriebe u.a. haben bei Personenunfällen ein Programm aktiv und verpflichtend für den betroffenen Fahrzeugführer eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) zu mindern. Dort gilt auch die Direktive, dass nach zwei Ereignissen der aktive Dienst auf dem Führerstand auf Dauer tabu ist. Inwieweit es solche Interventionen bei DB und anderen Bahnunternehmen gibt entzieht sich meiner Kenntnis. Ich halte es aber für sehr unwahrscheinlich, dass es gar keine Hilfen gibt. Übrigens kann so ein Ereignis als Arbeitsunfall mit berufsgenossenschaftlicher Unterstützung gewertet werden.
Alles Gute
Jan