Hallo Siegfried Russwurm,
Nun ich bin kein Ingenieur und auch kein Drehscheibenschlosser,nur ein Heizer/Lokführer,der auch auf Dampfloks gefahren ist.
Somit hatte ich natürlich viel Kontakt mit Drehscheiben,die ja damals nochan vielen Bahnhöfen im Betrieb anzutreffen waren.
Theoretisch könnte es nun passieren, dass zwei gegenüberliegende
Anschlüsse und die Drehachse des Königsstuhls nicht genau fluchten -
dann wird´s mit der "durchgehenden Überfahrt" schwierig. Das Problem
kenne ich aber nur von der Modellbahn ;-).
Diesem Satz von Dir kann ich widersprechen und Michael als damaliger Drehscheibenschlosser wird mich bestätigen.
In Rottweil gab es am Anfang zu Kwst Zeiten,wo es auch noch ein AW war eine kleine Drehscheibe.
Dann hat man einfach die Drehscheibengrube und die Drehscheibenbühne vergrössert,ohne die Gleisgeometrie zu ändern.
Das Ausfahrgleis Richtung Bf von der Bühne passte nun nicht mehr durchgängig zum Abstellgleis in 180Grad,sondern war um etwa 50cm versetzt.
In Rottweil war es Sitte ,dass der Meister,wenn er die Lok zum Bekohlen abgestellt hatte,in den Aufenthaltsraum ging zum Betriebsleistungszettel zu schreiben.
Der Heizer der das Feuer richtete fuhr die Lok dann zum Wasserkran,dann auf die Drehscheibe und dann in der Rundlokschuppen oder Abstellgleis im Freien, bis der Meister wieder auf die Lok kam.
So geschehen auch eines Abends bei Dunkelheit wo ich Heizer war.Da wir noch eine Zugleistung nach Horb hatten,fuhr ich also die 50iger auf die Drehscheibe.Das Schicksal wollte es,dass ein Feuermann,der frisch aus Heilbronn versetzt worden war,mit dem Drehscheibenhaus hinten am Tender die Scheibe bediente.Er stellte die Drehscheibe hinten bündig mit dem Abstellgleis,und gab mir mit der Hupe und dem drehbaren Sperrsignal die Fahrt von der Drehscheibe frei.Ich konnte die richtige Lage zum Abgangsgleis wegen des Lokkessels auch nicht einsehen.
Kurz nach dem öffnen des Reglers bemerkte ich dass die Lok sich seitlich etwas neigte.Da ich die Zylinderhahnen auf hatte, machte ich eine Schnellbremsung.
Ich war mit drei Achsen neben dem Ausfahrgleis im Dreck.Mein Meister war wohl nicht sehr erfreut,die Worte mit denen er mich betittelte kann sich jeder denken.
Der Lokleiter,ein junger Lokführer sagte zu mir "Mach Dampf",legte einige Hemmschuhe aufs Abstellgleis hinter der Drehscheibe,denn dahinter war die Böschung und es ging in den Neckar.
Dann legte er vor die Drehscheibe eine Holzdiele zwischen der Achse,die noch auf der Scheibe war und der Achse im Dreck.
Er schaffte es tatsächlich die Maschine mit einem kurz,weit geöffnetem Regler und einer Schnellbremsung,die Lok wieder aufzugleisen.Die vorher zusammentelefonierte Rottweiler Hilfzugmannschschaft konnte nach der Achsvermessung durch den Hilfzugleiter wieder abrücken und wir endlich nach Horb fahren.
Nun ich musste nicht mal zum Protokoll.
Aber ich vergewisserte mich von da an immer ob die Scheibe richtig stand und verliess mich nicht mehr auf den Drehscheibenbediener.
Gruss Wolfgang